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Das Hochwasser vor 30 Jahren: Land unter in Pritzwalk

10. 06. 2023

Pritzwalk. Vom verregneten Sommer zu „Land unter“: Zwischen dem 11. und 13. Juni 1993 regnete es in Pritzwalk und Umgebung pausenlos. Über das Wochenende fielen in Pritzwalk 160 Liter Regen pro Quadratmeter – mehr als dreimal so viel, wie es in Pritzwalk üblicherweise im gesamten Juni regnet. Das Hochwasser in Pritzwalk ist genau 30 Jahre her. Es wirkt sich bis heute zum Beispiel auf Tiefbaumaßnahmen der Stadt aus. Für viele Pritzwalkerinnen und Pritzwalker ist das einschneidende Ereignis ein Anlass, zurückzuschauen.

 

Höchster jemals gemessener Pegelstand

Große Hochwasser hatte es zuletzt 1953 und 1956 gegeben. Die Straßen wurden jeweils überflutet. Die Flut von 1993 war dennoch ein Jahrhundertereignis. Die Dömnitz erreichte am 12. Juni ihren höchsten jemals gemessenen Pegelstand: 302 Zentimeter – normal sind etwa 140 Zentimeter. Die Wassermassen rollten schließlich mit fast neun Kubikmetern Wasser pro Sekunde durch die Stadt. Selbst die beschauliche Rodane verwandelte sich plötzlich in einen reißenden Sturzbach. Und mit dem Wasser kamen Schlamm und Steine in die Vorgärten und Keller.

 

In der Havelberger Straße blieben die Autos stecken, weil das Wasser den Motor lahmlegte. Foto: Horst FenskeIn der Havelberger Straße blieben die Autos stecken, weil das Wasser den Motor lahmlegte. Foto: Horst Fenske

 

Zum Glück gab es keine Opfer

Glücklicherweise gab es trotz des rasant steigenden Wasserstandes keine Opfer. Einige mussten jedoch aus dem Wasser gerettet werden. Die wegen der Unterspülungen unübersichtlichen Straßenverhältnisse verursachten an vielen Stellen Verkehrsunfälle. 21 Menschen mussten zeitweise in Notunterkünften untergebracht werden. Zahlreiche Gebäude und Straßen waren schwer beschädigt.
 

Die Schillerstraße war ein einziger See. Foto: Kathrin MaaßDie Schillerstraße war ein einziger See. Foto: Kathrin Maaß

 

In der Schlachthausstraße waren das Pflaster aufgerissen und die Brücke stark in Mitleidenschaft gezogen. Unten im Fluss war ein Pkw angespült und bis zum Dach unter Wasser verschwunden. Wegen unterspülter Strecken blieb auch der Bahnverkehr in der Region für eine Weile außer Betrieb. Teilweise hingen die Bahngleise der Strecke Pritzwalk-Perleberg einen Meter in der Luft. Flussabwärts in Schönhagen richtete die Dömnitz ebenfalls Zerstörungen an.

 

Nicht immer zahlte die Versicherung

Der Schaden durch das Hochwasser allein in Pritzwalk wurde damals auf 15 Millionen D-Mark geschätzt, insgesamt auf 32 Millionen D-Mark, denn auch im Umkreis von Perleberg hatte es schwere Schäden gegeben. Bei den heutigen Baupreisen dürften sich die Summen auf ein Vielfaches belaufen. Nicht immer kamen die Versicherungen für alle privaten Schäden auf. Immerhin war die Hilfsbereitschaft groß. Feuerwehren aus der gesamten Prignitz waren im Einsatz. Eine Berlinerin spendete spontan ein Geldbündel mit 50 000 Mark.

 

Massive Unterspülungen gab es in der ganzen Innenstadt. Sie kamen - wie hier in der Schlachthausstraße - erst nach dem Hochwasser zum Vorschein. Foto: Peter DuchrauMassive Unterspülungen gab es in der ganzen Innenstadt. Sie kamen - wie hier in der Schlachthausstraße - erst nach dem Hochwasser zum Vorschein. Foto: Peter Duchrau


Ein paar Wochen später war die Dömnitz wieder der bekannte, gemächlich fließende Fluss. Die Schäden in der Stadtbild wurden in den folgenden Jahren repariert. Der „Schwarze Parkplatz“ am Burgwall hatte als tiefster Punkt der Stadt besonders viel Wasser gesammelt und wurde kurz nach der Katastrophe neu gestaltet.


Dennoch entstanden aufgrund der Schäden an Gebäuden auch nachhaltigere Änderungen. So manches Haus stand leer. Die Häuserzeile vor der Tuchfabrik am Meyenburger Tor und die benachbarte Stadtmühle wurden zum Beispiel in den folgenden Jahren abgerissen. Dort befindet sich heute der Parkplatz Dömnitzinsel.

 

Hochwasserschutz ist bis heute Bestandteil bei Tiefbaumaßnahmen im Stadtgebiet: Unter der künftigen Querungshilfe in der Havelberger Straße wurden gerade die Regenwasserkanäle vergrößert. Foto: Beate VogelHochwasserschutz ist bis heute Bestandteil bei Tiefbaumaßnahmen im Stadtgebiet: Unter der künftigen Querungshilfe in der Havelberger Straße wurden gerade die Regenwasserkanäle vergrößert. Foto: Beate Vogel

 

Bauprojekte mit Hochwasserschutz

Viele Bauprojekte, die im Zuge der Innenstadtsanierung in den Jahren nach der Katastrophe umgesetzt wurden, beinhalteten auch den Hochwasserschutz. So wurde am Burgwall ein großes Regenwasserrückhaltebecken angelegt. Ganz aktuell bekammen die neuen Röhren für die Regenentwässerung unter der Havelberger Straße einen deutlich größeren Querschnitt: Über sie wird das Regenwasser der Hagenstraße, der Bahnhofstraße und dem Gewerbegebiet Süd aufgenommen. Lars Schladitz


INFO Die Museumsfabrik Pritzwalk veranstaltet am Mittwoch, 14. Juni, in der Vortragsreihe ab 18 Uhr einen Themenabend zu „30 Jahre Hochwasser in Pritzwalk“.

 

Die Stadt Pritzwalk bedankt sich bei den Fotoautoren für das historische Bildmaterial.

 

Bild zur Meldung: In der Straße Meyenburger Tor an der Tuchfabrik stand das Wasser fast kniehoch. Die Häuserzeile rechts wurde später abgerissen. Dort befindet sich heute der Parkplatz Dömnitzinsel. Foto: Peter Duchrau